McKinsey: Globalisierung nicht auf dem Rückzug – aber vor Veränderungen

McKinsey: Globalisierung nicht auf dem Rückzug – aber vor Veränderungen

Studie des McKinsey Global Institute: Welthandel stabilisiert sich auf Rekordniveau – Ströme von Dienstleistungen, Kapital, Talenten, Daten und geistigem Eigenum wachsen weiter - Keine Weltregion ist autark – Konzentration vor allem bei Elektronikprodukten und Rohstoffen - Multinationale Unternehmen stehen für zwei Drittel der weltweiten Exporte

 

Die Globalisierung ist nicht auf dem Rückzug, sie verändert sich. Der globale Warenverkehr verbleibt auf einem hohen Niveau, nachdem er 30 Jahre rapide zugenommen und 2021 trotz Pandemie ein Rekordhoch erreicht hat. Auch für 2022 erwartet die Welthandelsorganisation (WTO) ein weiteres leichtes Wachstum. Allerdings treiben zunehmend Wissens- und Know-how-Ströme die globale Vernetzung weiter voran – die Globalisierung schreitet nun durch Daten, geistiges Eigentum, Dienstleistungen und Talente fort. Der weltweite Austausch in diesen Kategorien wuchs etwa doppelt so schnell wie der Welthandel mit Gütern in den Jahren 2010-2019. Die Datenströme stiegen jährlich um fast 50 Prozent. Und: Die meisten Ströme haben sich angesichts der jüngsten Störungen – in Lieferketten oder in der Handelspolitik – als stabil erwiesen. Dies geht aus einer heute veröffentlichten Analyse des McKinsey Global Institute mit dem Titel „Global flows: The ties that bind in an interconnected world“ hervor. Die Forschung basiert auf einer umfassenden Bewertung des Handels (30 globale Wertschöpfungsketten, die Ressourcen, Fertigwaren und Dienstleistungen beinhalten), des Kapital-, Personen- und immateriellen Handels sowie einer Analyse von rund 6.000 global gehandelten Produkten.

Keine Weltregion autark – aber einige Güter regional konzentriert

Ein weiteres Ergebnis der Studie: Keine Weltregion ist autark – und alle Regionen sind voneinander abhängig. Mehr als die Hälfte des weltweiten Handels mit Waren und Dienstleistungen überschreitet Kontinente. Zudem importiert jede Weltregion mehr als 25 Prozent mindestens einer wichtigen Ressource oder eines hergestellten Gutes – oft noch mehr. Europa mit seiner starken industriellen Basis importiert mehr als 50% seiner Energieressourcen – und versucht diese Abhängigkeit nach Russlands Invasion der Ukraine zu reduzieren. Europa ist hingegen ein Exporteur von pharmazeutischen Produkten – aber gleichzeitig auf Vorprodukte angewiesen, die es aus dem Asien-Pazifik-Raum erhält. Diese Wertschöpfungsketten verlassen sich auf Hunderte Millionen Arbeitskräfte quer über den Globus. Indirekt arbeiten weltweit beispielsweise rund 50 Mio. Menschen dafür, Kund:innen auf dem europäischen Kontinent zu versorgen. 

Produkte, die nur an wenigen Orten ihren Ursprung haben, gibt es in jeder Region und in jedem Wirtschaftssektor – vor allem in der Elektronik und bei Rohstoffen. Der weltweite Handel mit Halbleitern macht nur rund 10% des gesamten Welthandels aus – aber Produkte, die auf Halbleiter angewiesen sind, stehen für 65% aller weltweiten Exporte. Länder und Unternehmen werden sich dieser Abhängigkeit nun stärker bewusst – allerdings zeigt die MGI-Analyse auch, dass solche Abhängigkeiten in Zukunft weiter bestehen werden. 

Multinationale Unternehmen spielen eine zentrale Rolle in der globalen Vernetzung und in der Ausgestaltung der Globalisierung: Sie stehen für zwei Drittel der weltweiten Exporte und sind bei einer abrupten Veränderung von Warenströmen überproportional betroffen. Für sie gilt es, Wachstumschancen weiterhin nutzen, aber gleichzeitig resilienter zu werden, indem sie beispielsweise eine größere Transparenz über ihre Lieferketten herstellen und ihre Lieferanten diversifizieren.  
 

Ansprechpartner

Martin Hattrup-Silberberg

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