Neue Studie des McKinsey Global Institute zur globalen Vermögensbilanz: Nettovermögen liegt bei 600 Bio. US-Dollar. Aber: Großteil des vermeintlichen Wachstums auf Inflation und schuldenfinanzierte Preisanstiege von Vermögenswerten zurückzuführen. In Deutschland können höhere Investitionen zu 9.000 US-Dollar höherem pro-Kopf Einkommen bis 2033 führen.
Ist die Weltwirtschaft noch im Gleichgewicht? Laut einer neuen Analyse des McKinsey Global Institute droht die Balance zu kippen: Vermögen, Schulden und grenzüberschreitende Verbindlichkeiten wachsen schneller als die produktive Leistung, die sie stützt. Die Summe der weltweiten Vermögenswerte aus Immobilien, Grundbesitz, Infrastruktur, Maschinen und geistigem Eigentum lag Anfang 2025 bei 600 Bio. US-Dollar. Damit hat sich das Nettovermögen in den vergangenen zwei Jahrzehnten nahezu vervierfacht. Allerdings: Ein großer Teil dieses Zuwachses, über 200 Bio. US-Dollar, existiert wegen einer Inflation der Vermögenspreise nur auf dem Papier – während das Wirtschaftswachstum schwach blieb, die Ungleichheit zunahm und jeder investierte US-Dollar 2 US-Dollar an Schulden erzeugte. Dies geht aus der neuen Studie „Out of balance: What’s next for growth, wealth, and debt” des McKinsey Global Institute (MGI) hervor. Für die Analyse hat das MGI die Weltwirtschaft mit Hilfe von Bilanzierungsmethoden, wie sie aus der Unternehmenswelt bekannt sind, analysiert – anstatt wie üblich anhand des BIP.
Die Studie skizziert vier mögliche Szenarien. Nur eine Verbesserung der Produktivität durch Investition und Technologie, kann auf einen balancierten Pfad mit Wachstum und Wohlstand zurückführen. Andere Szenarien sind alles andere als optimistisch: Anhaltende Inflation könnte die Schuldenlast zwar verringern – aber gleichzeitig Realvermögen entwerten. Im schlimmsten Fall – einem "Balance Sheet Reset"-Szenario würden z.B. als Reaktion auf steigende Zinsen der Wert von Aktien und Immobilien drastisch zurückgehen und die überbordende Schuldenlast eine verlorene Dekade nach sich ziehen. Ein letztes Szenario wäre ein „Weiter wie bislang“ mit niedrigen Zinsen und einer „säkulären Stagnation“ mit schwachem Wachstum.
Nachhaltiger Wohlstand lässt sich nur durch deutliche Produktivitätssteigerungen erreichen. Gleichzeitig muss jede Region ihre Hausaufgaben machen – Europa muss mehr investieren, China mehr konsumieren – und die USA mehr sparen; jeweils in einem Bereich von 3 bis 7 Prozent des BIP“, sagt Jan Mischke, Co-Autor der Studie und Partner beim McKinsey Global Institute.
Deutschland: Chancen durch Rekordvermögen und niedrige Verschuldung
In Deutschland hat das Haushaltsvermögen einen Rekordstand von 330.000 US-Dollar pro Kopf kaufkraftbereinigt erreicht. Die Verschuldung der privaten Haushalte liegt nur bei dem 0,5-fachem des BIP und damit auf dem niedrigsten Stand seit mindestens 30 Jahren. Die Staatsverschuldung beträgt das 0,6-fache des BIP, was über 20 Prozentpunkte unter dem Höchststand Anfang der 2010er Jahre liegt. Die Unternehmensverschuldung liegt ebenfalls bei dem 0,6-fachen des BIP, fünf Prozentpunkte weniger als der Höchststand im Jahr 2020. „Das Land verfügt über die notwendigen Ressourcen, um durch verstärkte Investitionen die Produktivität zu steigern“, sagt Jan Mischke. Ein erfolgreicher Investitionspfad könnte in Deutschland bis 2033 zu einem um 9.000 US-Dollar höheren jährlichen Pro-Kopf-Einkommen führen, verglichen mit dem derzeitigen Pfad niedriger Investitionen.
Europa droht hingegen weiter zurückzufallen, wenn Investitionen nicht getätigt und die Produktivität nicht beschleunigt werden. Beispielsweise könnte sich die Lücke im BIP pro Kopf zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten um 16.000 US-Dollar vergrößern, wenn Deutschland in der säkularen Stagnation verharrt.
In den Vereinigten Staaten stehen bis 2033 bis zu 100.000 US-Dollar pro Kopf an Vermögen auf dem Spiel, wenn die Beschleunigung des Produktivitätswachstums der vergangenen Jahre nicht beibehalten werden kann.
„Jedes Land hat eine erhebliche Produktivitätsaufgabe vor sich“, sagt Studienautor Jan Mischke. „Die Studie kann dabei helfen einzuschätzen, ob politische Veränderungen, geschäftliche Entwicklungen und Verhaltensänderungen von Konsumenten anhaltend und umfangreich genug sind, um ein Land auf einen anderen ökonomischen Pfad zu katapultieren.