Die Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen schreitet voran. Mit der verpflichtenden Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) im Opt-out-Modell und der flächendeckenden Etablierung des E-Rezepts wurde die Basis für eine digitale Gesundheitsversorgung gelegt. Auch digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA), die Erkrankte bei der Behandlung unterstützen sollen, werden immer häufiger verschrieben. Doch die tatsächliche Nutzung und die technische Stabilität der digitalen Gesundheitsangebote bleiben weiter hinter den Erwartungen zurück. Das zeigt der neue E-Health-Monitor 2025 von McKinsey & Company.
Für die Publikation untersucht die Unternehmensberatung regelmäßig auf Basis verschiedener Indikatoren den digitalen Fortschritt im deutschen Gesundheitswesen. Sie zeigt auf, wo deutsche Gesundheitseinrichtungen in ihrer digitalen Entwicklung stehen, wie groß das digitale Angebot und die Nachfrage sind und wie intensiv digitale Gesundheitsanwendungen angenommen werden. „Die Grundlagen für die digitale Versorgung sind gelegt und die wichtigsten Anwendungen werden intensiver genutzt", sagt Laura Richter, Partnerin bei McKinsey und Herausgeberin der Publikation. „Die technische Stabilität und die Akzeptanz bei Ärzten und Patienten werden entscheiden, ob die Fortschritte nachhaltig zu einer besseren Gesundheitsversorgung führen."
E-Rezept: Durchbruch mit Startschwierigkeiten
Das E-Rezept hat nach einem langsamen Start den Durchbruch geschafft. Während Ende 2023 erst rund 18 Millionen Verordnungen digital eingelöst wurden, waren es 2024 bereits über 540 Millionen. Im Jahr 2025 wurden bis Ende Juli über 340 Millionen Rezepte digital eingelöst, was rund 40 Prozent aller GKV-Verordnungen entsprach. Die Einlösung des milliardsten E-Rezepts erfolgte im Oktober 2025.
Allerdings bestehen weiterhin teilweise technische Schwierigkeiten. In der Haus- und Heimversorgung ist das E-Rezept bisher nicht nutzbar, und rund 50 Prozent der Praxen greifen häufig aus Vorsicht aufgrund gelegentlicher technischer Probleme noch immer parallel zur digitalen Variante auf die Papieralternative zurück. „Das E-Rezept zeigt, dass Digitalisierung in der Versorgung funktioniert und in der Breite akzeptiert wird", erklärt Matthias Redlich, Partner bei McKinsey und Herausgeber der Studie. „Gleichzeitig muss die Infrastruktur stabil und performant laufen, damit digitale Services in der Praxis echten Mehrwert stiften und die Akzeptanz weiter steigt.“
ePA: Viele Akten angelegt, wenige aktiv genutzt
Im Opt-out-Modell haben 2025 rund 70 Millionen Versicherte automatisch eine elektronische Patientenakte erhalten. Nur etwa 5 Prozent der Versicherten haben widersprochen. Die tatsächliche Nutzung nimmt zwar zu, liegt aber noch auf niedrigem Niveau: Im Dezember 2025 waren nur rund 4,2 Millionen GesundheitsIDs registriert, was rund 6 Prozent der gesetzlich Versicherten entsprach. Nur mit einer solchen digitalen Identität können sich Versicherte sicher authentisieren und auf Anwendungen wie die ePA zugreifen. Trotz der anziehenden Dynamik sind viele Versicherte mit den Funktionen der ePA weiterhin nicht vertraut, und auch die Integration in den Praxis- und Klinikalltag verläuft nicht überall reibungslos
„Die ePA kann ihre Rolle als tragende Säule digitaler Versorgung in Deutschland nur dann erfüllen, wenn alle Beteiligten sie aktiv nutzen", betont Katharina Sickmüller, Partnerin bei McKinsey und Herausgeberin der Studie. „Die Bereitschaft der Ärzte und Patienten ist grundsätzlich da, aber zwischen Interesse und tatsächlicher Nutzung klafft noch eine Lücke, die mit besserer Information, einfacherer Bedienung und einem klaren Nutzenversprechen geschlossen werden muss.“
DiGA: Wachsende Verordnungszahlen, aber wirtschaftliche Herausforderungen
Bei den digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) zeigt sich ein differenziertes Bild. Ärzte verordnen DiGA zunehmend häufiger. 2025 waren es 32 Prozent der ambulanten Praxen im Vergleich zu 26 Prozent im Vorjahr. Die Nutzung stieg 2024 auf 423.000 DiGA, ein Plus von 85 Prozent gegenüber 2023. Bei einem Durchschnittspreis von aktuell 361 Euro pro App liegt das DiGA-Marktvolumen bei rund 152 Millionen Euro. Das entspricht nur einem moderaten Anstieg gegenüber den 125 Millionen Euro aus dem Jahr 2023, als die Durchschnittspreise noch höher lagen.
In der Folge kämpfen einzelne Anwendungen mit wirtschaftlichen Herausforderungen. Bis Mitte 2025 wurden bereits 10 DiGA aus dem Verzeichnis gestrichen – vier davon auf Antrag der Hersteller. „Einige digitale Gesundheitsanwendungen konnten sich etablieren und ihren Wert für die Gesundheitsversorgung unterstreichen. Andere stehen jedoch vor wirtschaftlichen Herausforderungen", sagt Alexander Rajko, Partner bei McKinsey und Herausgeber der Studie. „Deutschland hat bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens in den letzten Jahren wichtige Schritte gemacht. Der Weg ist aber noch weit", resümiert er.
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