Wachsender Kostendruck, Fachkräftemangel und steigende Komplexität der Anforderungen setzen die gesetzlichen Krankenkassen zunehmend unter Druck. Der Einsatz von KI-Agenten kann hier einen strategischen Vorteil bieten.
Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) steht vor einem weiteren digitalen Wendepunkt: Während regelbasierte KI-Technologien wie die automatisierte Rechnungsprüfung bei vielen Krankenversicherungen bereits fest im Alltag verankert sind, eröffnet die rasante Entwicklung von generativer KI (GenAI), KI-Agenten und den zugrundeliegenden Technologien völlig neue Möglichkeiten. GenAI-Modelle können mittlerweile unstrukturierte Informationen aus Text, Sprache oder Bildern verarbeiten sowie Aufgaben in natürlicher Sprache verstehen und lösen. Dadurch entstehen neue, flexible Anwendungen, z.B. für personalisierte Kommunikation, interne Wissensbereitstellung oder die Analyse von Dokumenten. Erste Pilotanwendungen zeigen bereits beeindruckende Produktivitätsgewinne. Doch das wahre Potenzial liegt nicht in isolierten, einzelnen Anwendungen, sondern im skalierbaren Einsatz von KI in der gesamten Organisation und über alle Prozesse hinweg – realisiert durch KI-Agenten. Diese sind in der Lage, Mitarbeitende aktiv zu unterstützen, Teilaufgaben zu übernehmen, Abläufe zu koordinieren und die Effizienz zu steigern. Laut aktuellen McKinsey-Analysen könnten KI-Agenten den zukünftigen Personalbedarf um bis zu 50% senken – ein entscheidender Vorteil angesichts des Fachkräftemangels, steigender Verwaltungskosten und wachsenden Innovationsdrucks in der GKV. Doch was macht KI-Agenten so besonders – und wie können sie sinnvoll und praxisnah im GKV-Kontext eingesetzt werden?
In den vergangenen Jahren hat sich besonders ein Bereich stark weiterentwickelt: die generative KI. Sie kann eigenständig Inhalte wie Texte, Bilder oder Sprache erzeugen und basiert auf vortrainierten Modellen, z.B. den sogenannten Large Language Models (LLMs) für den Bereich Text/Chat. Solche Modelle werden unter immensem Rechenaufwand und Nutzung großer Datenmengen trainiert, lassen sich aber leicht mit unternehmensinternem Wissen anreichern. Im GKV-Kontext können sie z.B. dazu dienen, häufig gestellte Versichertenfragen zu beantworten oder personalisierte Informationen bereitzustellen. GenAI-Modelle verarbeiten strukturierte und unstrukturierte Daten, können jedoch (wie die klassische KI) nur einzelne Arbeitsschritte automatisieren. Außerdem sind sie „stateless“ (deutsch: „zustandslos“), das bedeutet, dass sie jeden Prozess unabhängig von vorherigen Interaktionen behandeln und Zwischenstände nicht speichern.
KI-Agenten gehen noch einen Schritt weiter: Sie sind autonom agierende Softwareeinheiten, die auf ein bestimmtes Ziel ausgerichtet handeln und selbstständig Aufgaben ausführen können – allein oder beim sogenannten Agent Mesh in Abstimmung mit anderen Agenten, Tools und transaktionalen Systemen. Sie kombinieren verschiedene KI-Technologien, lassen sich modular orchestrieren und können auch komplexe Abläufe vollständig abbilden. So entstehen Systeme, die sich flexibel und skalierbar in unterschiedliche Prozesse einbinden lassen.
Wie kann die GKV davon profitieren?
KI-Agenten bieten für die GKV ein enormes Potenzial. Erste Anwendungsfälle in anderen Industrien zeigen, dass einige manuelle Prozesse zu 80 bis 100% automatisiert werden können. Die Einsatzmöglichkeiten erstrecken sich dabei auf alle Bereiche der GKV – von Kundenkommunikation über Kernprozesse wie Antragsbearbeitung, Genehmigung, Abrechnungsprüfung oder Fallsteuerung bis hin zu unterstützenden Funktionen wie HR, IT oder Finanzen.
Je nach Zielsetzung können KI-Agenten die Produktivität und Effizienz einer Kasse deutlich steigern, die Prozessqualität verbessern oder innovative Services für Mitarbeitende und Versicherte ermöglichen.Die folgenden Beispiele zeigen konkrete Anwendungsfelder – bilden jedoch nur einen Teil des Gesamtpotenzials ab.
Kundenservice. KI-Agenten ermöglichen eine durchgängige, personalisierte Betreuung, auch in standardisierten, aber für Versicherte oft komplex wirkenden Prozessen. Ein Beispiel ist die Zuzahlungsbefreiung, bei der Versicherte bislang Belege sammeln, Formulare ausfüllen und auf Rückmeldung der Kasse warten mussten. KI-Agenten können diesen Ablauf deutlich vereinfachen, indem sie Versicherte proaktiv auf die Befreiungsmöglichkeit hinweisen, anhand interner Abrechnungsdaten automatisch prüfen, ob die Belastungsgrenze erreicht ist, fehlende Nachweise per KI-gestützter Belegerkennung ergänzen und alle Schritte transparent begleiten. So erhalten Versicherte schneller Klarheit und werden während des gesamten Prozesses individuell unterstützt – ohne sich selbst intensiv mit den Details der Regelungen auseinandersetzen zu müssen. Mehrere spezialisierte Agenten arbeiten in diesem Prozess in einem Agent Mesh zusammen: vom Datenabgleich über die Dokumentenerfassung bis hin zur Kommunikation der Entscheidung. Ein zentraler Kundenservice-Agent steuert die Interaktion mit den Versicherten und sorgt dafür, dass Informationen verständlich und zeitnah bereitgestellt werden.
Sachbearbeitung. Ein weiterer bedeutender Anwendungsbereich ist die Bearbeitung von Leistungsanträgen, etwa beim Mutterschaftsgeld. Ein KI-Agent kann, sofern eine Schwangerschaft und der errechnete Geburtstermin bekannt sind, z.B. automatisch die Schwangere anschreiben, sie bezüglich der Beantragung und Auszahlung von Mutterschaftsgeld beraten und durch den Antragsprozess begleiten und im Hintergrund weitere Agenten koordinieren. Diese führen wiederum zentrale Prozessschritte aus, indem sie Dokumente und Anspruch prüfen sowie die Auszahlung veranlassen. Das entlastet nicht nur die Mitarbeitenden, sondern verbessert auch die Servicequalität der Kasse durch schnellere Bearbeitung, höhere Transparenz dank agenten-basierter Statusupdates für Versicherte sowie die Vermeidung von Fehlern. Der KI-Agent kann den Prozess aber auch an menschliche Mitarbeitende übergeben, um die Versicherten in wichtigen Momenten noch persönlicher zu beraten. Dies ermöglicht nicht nur eine individuellere Betreuung, sondern auch die gezielte Nutzung von Vertriebspotenzialen, insbesondere in Zeiten großer Veränderungen im Leben der Versicherten. Entscheidend ist, dass menschliches Eingreifen dort erfolgt, wo es für rechtlich und ethisch einwandfreies Handeln erforderlich ist.
Interne Prozesse. Neben geschäftsbezogenen Prozessen bieten KI-Agenten auch Unterstützung in weiteren internen Bereichen. Ein Beispiel ist die Optimierung der Poststelle. KI-Agenten können eingehende Dokumente und Anfragen automatisch erfassen (Intake), relevante Daten extrahieren und die Inhalte klassifizieren, um sie den zuständigen Abteilungen oder Prozessen zuzuordnen. Sie ermitteln Fristen, prüfen die Vollständigkeit der Unterlagen und leiten bei fehlenden Informationen automatisch Rückfragen ein. Das beschleunigt den Bearbeitungsprozess erheblich, reduziert die Fehlerquote und sichert die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben. Gleichzeitig werden die Mitarbeitenden entlastet, die sich dann auf komplexere Aufgaben konzentrieren können.
Diese Beispiele verdeutlichen die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von KI-Agenten in den unterschiedlichsten GKV-Prozessen. Daraus ergeben sich wichtige Fragen: Wie können KI-Agenten effizient eingesetzt werden? Welche Anpassungen der bestehenden Prozessen sind notwendig? Und welche technologische Grundlage erfordert z.B. ein Agent Mesh? Die folgenden Kapitel greifen diese Fragen auf und erläutern die technische Funktionsweise sowie Erfolgsfaktoren für den wertstiftenden Einsatz von KI-Agenten in der GKV.
Welche technischen Grundlagen sind nötig?
KI-Agenten in der GKV haben das Potenzial, nicht nur Einzelschritte zu automatisieren, sondern ganze Prozesse über mehrere Fachbereiche und Systeme hinweg. Eine effiziente und skalierbare Umsetzung erfordert eine Zielarchitektur, die modular, zentral steuer- und überwachbar, erweiterbar sowie sicher und „compliant“ ist, also den relevanten gesetzlichen, regulatorischen und unternehmensinternen Vorgaben entspricht. Die folgenden Bausteine bilden die Grundlage für eine solche Architektur.
KI-Modelle – „Intelligenz“ der Agenten
Die KI-Modelle bilden die Grundlage für die Fähigkeiten von KI-Agenten und ermöglichen ihnen, Sprache, Dokumente und Entscheidungen zu verarbeiten. Dazu gehören:
1. Sprachmodelle (LLMs), die natürliche Sprache generieren und interpretieren, etwa für die Kundenkommunikation
2. Pipelines für die Dokumentenverarbeitung, die mit OCR, Klassifikation und Datenextraktion eingereichte Unterlagen strukturiert auswerten
3. Entscheidungsmodelle, die komplexe GKV-spezifische Regeln prüfen, z.B. Leistungsansprüche, Fristen oder Richtlinien
4. Tool-Calling-Komponenten, mit denen Agenten Aktionen auslösen können, z.B. in Fachsystemen oder zur Eskalation an Mitarbeitende.
Diese Modelle müssen modular aufgebaut, versionierbar und wiederverwendbar sein sowie entsprechend ihrer Schutzklasse sicher betrieben werden können – sowohl in der Cloud als auch auf lokalen Servern. Weitere zentrale Anforderungen sind die Auditierbarkeit, ein Rollen- und Rechtemanagement sowie ein Monitoring, etwa durch Confidence Scores, um einen sicheren und effizienten Einsatz zu gewährleisten.
Orchestrierung – Zusammenspiel unterschiedlicher Agenten
Das Zusammenspiel der einzelnen Agenten und ihrer Funktionen, gesteuert durch Regeln, Ereignisse und Zielzustände, muss effizient orchestriert werden. Die technische Grundlage hierfür bildet eine sogenannte Agent Runtime. Diese umfasst eine Workflow-Engine, die auf Ereignissen oder Regeln basiert und dazu dient, Zustände, Prozessabläufe und Ausnahmebehandlungen gezielt zu steuern – insbesondere bei parallelen Prozessen. In komplexeren Szenarien, bei denen mehrere KI-Agenten involviert sind, kommt ein Agent Mesh zum Einsatz. Ein zentraler Orchestrierungs-Agent steuert dabei einen Verbund von spezialisierten Agenten. Er sorgt dafür, dass die Agenten zur richtigen Zeit aktiv werden, die notwendigen Informationen erhalten, Rückmeldungen verarbeiten und synchronisiert auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten. In der GKV ist diese Orchestrierung besonders relevant, da Prozesse selten linear ablaufen, sondern dynamisch an den Einzelfall angepasst werden müssen. Der orchestrierende KI-Agent kann hier z.B. entscheiden, ob ein Leistungsantrag direkt bearbeitet, zur Nachforderung zurückgestellt oder an die Sachbearbeitung weitergeleitet wird.
Datenquellen – Grundlage für Kontext und Training
KI-Agenten benötigen Zugriff auf relevante, aktuelle und kontextbezogene Daten, um fundierte Entscheidungen treffen zu können. Dafür ist eine leistungsfähige Dateninfrastruktur unverzichtbar. In der GKV müssen strukturierte Datenquellen wie Kernsysteme, Datenbanken und Data Lakes angebunden werden, die z.B. Versichertendaten, Leistungsanträge und Abrechnungsinformationen enthalten, aber auch unstrukturierte Wissensbestände wie Richtlinien, Verträge und Leitfäden. Mithilfe moderner Technologien wie Retrieval Augmented Generation (RAG), semantischer Suche oder Embedding-basierter Vektordatenbanken können Agenten gezielt Informationen abrufen und in ihre Entscheidungen einfließen lassen. Dabei werden sowohl statische Daten für das Training als auch dynamische Daten für den Laufzeitkontext genutzt, die kontinuierlich aktualisiert und bereitgestellt werden müssen.
Typische Herausforderungen in der GKV sind der Zugriff auf Daten in Kernsystemen sowie die Zugriffssteuerung, insbesondere aufgrund des hohen Schutzbedarfs sensibler, gesundheitsbezogener Daten.
Integration – Anbindung an die GKV-Systeme
Für eine reibungslose Prozessautomatisierung müssen KI-Agenten eng in die bestehende Systemlandschaft einer GKV integriert sein. Eine Integrationsschicht ermöglicht dabei den flexiblen Zugriff auf Fachanwendungen, Kernsysteme und Datenbanken. Dies erfolgt in der Regel über standardisierte Schnittstellen (APIs), kann aber auch über spezielle Verfahren wie das Model Context Protocol (MCP) für KI-Agenten realisiert werden. Über diese Integrationsschicht rufen Agenten Informationen aus Kernsystemen ab oder lösen direkt Transaktionen und Prozesse aus. Wichtig ist, die Agenten modular und unabhängig voneinander zu gestalten, damit sie wiederverwendbar und skalierbar sind. So können sie etwa als Bausteine eingesetzt werden für Dokumentenprüfung, Kommunikation oder Validierung in der gesamten Organisation. Die Integrationslogik umfasst zudem essenzielle Funktionen wie Logging, Fehlerbehandlung und Zugriffssteuerung – insbesondere bei der Verarbeitung sensibler Daten und bei systemkritischen Aktionen.
Agents at Scale – was ist dafür erforderlich?
Die Entwicklung von KI über GenAI hin zu KI-Agenten und Agent Mesh schreitet so schnell voran, dass viele GKVen noch an der Umsetzung erster KI- und GenAI-Anwendungsfälle arbeiten – ohne diese bereits in großem Maßstab einzusetzen. Dennoch ist es entscheidend, sich schon jetzt mit KI-Agenten zu befassen. Denn diese verändern nicht nur die Anforderungen an die Systemarchitektur, sondern eröffnen auch die Möglichkeit, bestehende Prozesse grundlegend neu zu gestalten und zu automatisieren. Um diese Potenziale zu nutzen, braucht es ein umfassendes strategisches Zielbild, das einen ganzheitlichen Transformationsansatz verfolgt – von der Strategie über Technologie und Organisation bis hin zum Change-Management.
Strategie
Eine erfolgreiche Transformation hin zu KI-Agenten beginnt mit der Entwicklung einer klaren Strategie, die auf die bestehenden Organisations- und IT-Strategien abgestimmt ist. Dabei sollten die Verantwortlichen relevante Anwendungsfälle identifizieren und priorisieren – basierend auf ihrem Nutzen, ihrer Umsetzbarkeit und Synergien zwischen den Prozessen. Ziel ist es, KI-Agenten so zu gestalten, dass sie nicht nur spezifische Aufgaben lösen, sondern auch flexibel in verschiedenen Bereichen wiederverwendbar eingesetzt werden können.
Zu Beginn konzentrieren sich die Anwendungsfälle meist auf häufig benötigte Prozessschritte, um eine solide Grundlage für die spätere Skalierung zu schaffen. In der GKV gehören dazu oft die Automatisierung der Kundenberatung in speziellen Situationen, oder die Bearbeitung von Leistungsanträgen, etwa beim Mutterschaftsgeld. Auf Basis der priorisierten Anwendungsfälle wird schließlich eine strategische Transformationsroadmap entwickelt. Diese definiert die Anforderungen an Technologie, Organisation, Governance und Change-Management.
Technologie
Die technische Zielarchitektur wird auf Basis der priorisierten Anwendungsfälle und deren Anforderungen entwickelt. Im Fokus stehen dabei oft Aspekte wie die Skalierbarkeit und Wiederverwendbarkeit von Agenten und GenAI-Modulen, da diese entscheidend dazu beitragen, die Einführung von KI-Agenten effizient voranzutreiben. Ein Beispiel ist die Dokumentenerkennung: Diese Funktion wird nicht nur für Zuzahlungen benötigt,
sondern auch für andere Prozesse wie die Abwicklung von Fahrtkosten. Zusätzlich sind aus den Anwendungsfällen die erforderlichen Integrationen (siehe oben), die Infrastruktur und die Agent Runtime abzuleiten – etwa cloudbasiert oder auf lokalen Servern, abhängig von den Datenschutzanforderungen. Die Technologieroadmap sollte stets eng mit der strategischen Roadmap abgestimmt sein, um die Anforderungen der Anwendungsfälle in der richtigen Reihenfolge zu erfüllen.
Organisation und Governance
Um das Potenzial von KI-Agenten voll auszuschöpfen, sind ein klar definiertes Organisationsmodell und eine passende Governance-Struktur unerlässlich.
Das zukünftige Modell verbindet die KI-Agenten nahtlos mit funktionsübergreifenden Teams – bestehend aus KI- und Fachexpert:innen sowie Software-Entwickler:innen und Data Scientists. Dabei übernehmen KI-Agenten zunehmend manuelle und repetitive Aufgaben in der GKV und ermöglichen so schnellere, präzisere und skalierbare Ergebnisse. Die Rolle der Mitarbeitenden wird sich stärker auf Steuerung, Governance und Beziehungsmanagement konzentrieren, damit Aspekte wie Zweck, Ethik und Vertrauen weiterhin im Mittelpunkt stehen. Dafür müssen die Unternehmensführungen der Kassen ihre Zusammenarbeitsmodelle neu denken, insbesondere im Hinblick auf die optimale Gestaltung des Zusammenspiels zwischen Menschen und KI.
Auch die Governance-Strukturen sind im Zuge der Transformation weiterzuentwickeln. Da KI-Agenten teilweise autonom handeln, Aufgaben ausführen und mit anderen Systemen interagieren, entstehen neue Systemrisiken, die identifiziert und aktiv gemanagt werden müssen. Ein entsprechendes Framework sollte festlegen, welche Aufgaben und Entscheidungen KI-Agenten eigenständig übernehmen dürfen – stets unter Berücksichtigung der DSGVO-konformen Datenverarbeitung. Gleichzeitig muss die Zusammenarbeit zwischen KI-Agenten und Mitarbeitenden klar geregelt sein.
Die neue Organisation und Governance bringen nicht nur eine Neugestaltung von Rollenprofilen mit sich, sondern auch einen umfassenden Wandel in Bezug auf Kompetenzen, Verantwortlichkeiten und Karrierewege. Dabei ist es entscheidend, die Mitarbeitenden aktiv in den Transformationsprozess einzubinden – durch transparente Kommunikation, die gezielte Weiterentwicklung von Fähigkeiten und eine Unternehmenskultur, die Mensch und KI als gleichwertige Partner begreift.
Change-Management
Die Einführung von KI-Agenten bringt grundlegende Veränderungen für alle Mitarbeitenden mit sich, da die Agenten eigenständig Entscheidungen treffen und eng mit Teams zusammenarbeiten sollen. Unternehmen sollten ihre Mitarbeitenden frühzeitig über solche Veränderungen informieren und ein geeignetes Change-Management entwickeln, denn besonders die Übergabe von Entscheidungskompetenzen an KI-Agenten stellt oft eine Herausforderung dar.
Um Akzeptanz und Vertrauen zu fördern, sollten Führungskräfte die Vorteile und die Funktionsweise der KI-Agenten transparent machen. Erste Berührungspunkte, etwa in Pilotphasen, helfen dabei, Berührungsängste abzubauen. Gleichzeitig ist es essenziell, die Mitarbeitenden zu befähigen, effektiv mit den Agenten zusammenzuarbeiten. So sollten sie z.B. den Umgang mit „Prompts“ (Anweisungen für LLM-Modelle) erlernen, um die Agenten optimal zu steuern.
Es empfiehlt sich, diese Maßnahmen in einer klaren Change-Management-Roadmap zu bündeln und zu planen, um die Transformation ganzheitlich zu unterstützen und eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Menschen und KI-Agenten sicherzustellen.
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Insgesamt bieten KI-Agenten in der GKV ein enormes Potenzial, um Prozesse effizienter zu gestalten, die Kundenbetreuung zu optimieren und die Qualität nachhaltig zu verbessern. Der Schlüssel zum Erfolg liegt dabei in einer klaren KI-Strategie und einem strukturierten, ganzheitlichen Ansatz. Zugleich verschärfen der Fachkräftemangel und der demografische Wandel in Deutschland den Druck auf die Kassen, ihre Kosten zu senken. Diese Entwicklungen unterstreichen die Relevanz und Wirtschaftlichkeit von KI-Agenten, um den aktuellen Herausforderungen gezielt und zukunftsorientiert zu begegnen.
Hier geht es zur gesamten Publikation mit allen Tabellen und Schaubildern.
Autor:innen: Florian Niedermann ist Senior Partner im Stuttgarter Büro und Leiter des europäischen Healthcare-Sektors von McKinsey, Matthias Redlich und Katharina Sickmüller sind Partner im Franfurter Büro, Theresa Kaiser ist Projektleiterin im Münchner Büro.